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Gäste im Geisterhaus

Seitenwind 2023 Woche 1 des Papyrus Autor Gewinnspiel

Bild von Peter H auf Pixabay.com
Bild von Peter H auf Pixabay.com

Deine Perspektive:

Du bist das verlassene Anwesen am Ende des Rabenwegs. Das Gewicht von zwei Jahrhunderten tragischer Geschichten lastet auf deinen Ziegeln und Dielen. Wind raschelt durch die Bäume, und dich überkommt ein so wohliger Schauer, dass die Fensterläden klappern: Zeit, gruselig zu werden.

Deine Aufgabe:

Mit Einbruch der Nacht bestimmen deine Worte ihr Schicksal: Eine Gruppe Abenteurer betritt das Anwesen, angezogen von Gerüchten und alten Erzählungen. Als das Haus selbst entscheidest du: Bestrafst du ihre Neugierde mit dunklen Spielchen? Oder spürst du ihre Absichten und enthüllst ihnen Geheimnisse, die deinen rastlosen Geistern Frieden bringen könnten? Die Nacht birgt Entscheidungen: Unheil oder Gnade, Finsternis oder Hoffnung. Welches Kapitel fügst du heute deiner Geschichte hinzu?

Mein Beitrag: "Follow the Light"

Nach und nach schwindet die Wärme aus meinem Gemäuer. Seit mich Lord Charles allein zurückließ und auch die Bediensteten mich nicht mehr umsorgen, fühlen sich meine Innereien so schäbig leer an. Alle Zimmer sind mit Leinentüchern verschleiert worden, als ob die trostlose Einsamkeit mich nicht schon mürbe genug macht. Kein Feuer brennt mehr in meinem Kamin und niemand entzündet mehr die Lampen meiner prunkvollen Hallen. Master Edward wird wohl keinen Fuß mehr über meine Türschwelle setzen. Sein verhasster und verbitterter Blick, als er das Porträt von Lord Charles über dem Kamin an der Totenfeier anstarrte, ließ mein Fundament erzittern.

 

Doch vielleicht kommen Master Henry und Master Adam noch einmal zurück. Master Henry sieht seinem Großvater so ähnlich, dass mir das Wasser im Springbrunnen ins Schlucken geriet, als ich ihn damals aus der Kutsche steigen sah. Oh, was würde ich darum geben, sie wiederzusehen.

 

Haha, …Hahaha. Nein nicht! Das kitzelt doch! Wer macht sich denn da, bei so später Stunde an meiner Eingangstür zu schaffen? Nein wie schön! Die jungen Herren sind zurückgekehrt. Aber was machen sie da an meinem Schließzylinder! Nein, so was gehört sich doch nicht. Als ich ihnen meine Tür langsam knarzend öffne, starren sich Master Henry und Master Adam unsicher an.

 

<Sei leise Henry!>

 

<Aber, das war ich nicht!?>

 

<Wenn Vater wüsste, dass wir hier sind, er würde uns umbringen!>

 

<Ja, aber er wird nichts davon erfahren. Wir nehmen uns ein paar Wertgegenstände, bringen sie morgen früh zum Pfandleiher und haben dann hoffentlich genug Geld zusammen, um über die Runden zu kommen.>

 

<Was, wenn er frägt woher wir das ganze Geld haben?>

 

<Wir werden uns irgendetwas einfallen lassen. Nun komm, sei kein Frosch!>

 

Als die beiden jungen Herren in mein stockfinsteres Foyer treten, lasse ich den Kronleuchter nach und nach erleuchten, damit sie besser sehen können. Als sie einige Sekunden erstarrt zum Kronleuchter blicken und dann aber erschrocken die Flucht zur Tür ergreifen, lasse ich die Tür ins Schloss fallen und verriegele sie mit einem lauten Klacken. Tut mir leid meine jungen Herren, aber ihr könnt noch nicht gehen. Nicht bevor ihr gesehen habt, was ich gesehen habe.

 

Angstzerfressen und verzweifelt an meiner Tür schabend, flehen die jungen Herren mich an, sie gehen zu lassen. Als ich das Licht des Kronleuchters lösche, meine ich Master Adam einen Schrei zu entlocken. Langsam entzünde ich die Lichter im Seitengang. Eins nach dem anderen und die jungen Herren starren verwirrt den flackernden Lichtern nach.

 

<Was ist hier los, Henry?>

 

<Ich weiß es nicht, aber ich habe das Gefühl, das wir ihm folgen sollen.>

 

<Wem Henry? Wer oder was ist da?>

 

<Ich glaube Großvater Charles will uns etwas zeigen.>

 

Verzeiht mir Lord Charles, dass ich euch für diese Zwecke missbrauche, aber mir scheint, dies ist der einzig mögliche Weg, euren Enkeln den Weg zu weisen.

 

<Komm schon Adam, lass uns gehen.>

 

 

So ist es gut junger Herr. Hier entlang.

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